Weine optimal lagern
Ideal wäre der alte Gewölbekeller, etliche Meter unter dem Erdboden, der sich auch in heissen Sommern nicht über 12 Grad erwärmt und in kalten Wintern nur unmerklich darunter und in dem sich die Luftfeuchtigkeit selbst reguliert, möglichst konstant bei idealen 75 %.
Diesen idealen Keller haben nur wenige Glückliche. Mietwohnungen und idealer Weinkeller sind zwei Gegensätze, die nur in Ausnahmefällen zusammenkommen. Mehrfamilienhäuser in Stadtzentren bieten häufig nur Abstellflächen, die mit Holzlatten getrennt. Knochentrockene, neonhelle Zellen oder Abstellräume von der Grösse einer Telefonzelle, die entweder von Heizungsrohren gequert werden, unter dem Strassenverkehr vibrieren und/oder aus Wänden, Kabeln und Bodenbelägen Chemikalien ausdünsten, die man weder Mensch noch Tier zumuten möchte. Oder sie sind eine tückische Mischung aus alledem.
Wer Weine besitzt, die einige Jahre kühl und ruhig liegen sollen, hat unter solchen Verhältnissen erstmal ein Problem. Als meistens kühlster Raum in der Wohnung bietet vielleicht das Schlafzimmer Platz für einige Flaschen oder Kisten oder es findet sich eine kleine Abseite. Hauptsache: Eine übers Jahr möglichst konstante Temperatur. Ob diese 8 Grad beträgt oder 20, ist von geringerer Bedeutung als deren Gleichmäßigkeit. Sonst verändert der Wein ständig sein Volumen und zieht dabei frischen Sauerstoff durch den Korken, was eine beschleunigte Oxydation zur Folge hat und den Wein – wie zu hohe Temperaturen – schneller altern lässt. Ob die Flaschen liegend oder stehend gelagert werden, ist nach neuesten Erkenntnissen zwar egal, praktischer und platzsparender dürfte die herkömmliche, liegende Methode sein, dafür nimmt der Wein einen etwaigen Korkfehler bereitwilliger an. Trotz neuer Herstellungs-Verfahren sind offiziell 2-3% aller Korken fehlerhaft (die echte Zahl liege deutlich über 10 %, sagen Betroffene), was sich leider erst herausstellt, wenn es zu spät ist: dem Piemonteser Starwinzer Elio Altare wurden gerade seine gesamten 97er Barolo-Kunstwerke Arborina und Brunate sowie die 98er Traumweine La Villa, Vigna Arborina und Larigi durch defekte Korken vernichtet.
Spätestens wenn die Namen auf den Flaschen illustrer und deren Anzahl grösser wird, verdienen sie auch einen angemessenen Platz; einen eigenen Raum, der erschütterungsfrei und geruchsneutral sein sollte. Ohne zusätzliche Isolierung geht in neuzeitlichen Kellern aber nichts weil die Temperaturschwankungen viel zu gross sind. Mindestens 10 cm Styrodur (eine Art schweres, hartes Styropor) fugenlos auf Wänden und Decke verlegt, garantieren zusammen mit einer isolierten Tür zwar eine gleichmässige Temperatur, die jedoch meistens über 11 Grad und damit über der Serviertemperatur für Weissweine liegen wird. Damit Sie nicht auch jede Flasche Roten extra kühlen müssen, sollte die Lagertemperatur in einem Weinkeller unter 16 Grad liegen. Ideal sind 11 bis 12 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von mindestens 75 % , damit die Korken nicht austrocknen und undicht werden (ab 85 % Feuchtigkeit beginnen die Etiketten zu schimmeln und Flaschen und Holz müffeln später hartnäckig). Weil kaum noch ein Keller einen Kiesboden hat, der die Feuchtigkeit reguliert, muss diese künstlich erzeugt werden. Luftbefeuchter aus dem Wohnbedarf können indes gar nicht so schnell nachgefüllt werden, wie sie leerlaufen. Teuerer, aber besser für Temperatur und Feuchtigkeit ist eine Weinkellertür mit integriertem Kühlaggregat oder eine Klimamaschine (Lüfter im Innenraum, aussenliegender Kompressor), die befeuchtet, kühlt, lüftet und notfalls auch heizt, wenn der Winter einmal ganz grausam werden sollte. Das hat zusätzlich einen Ultraviolett-Filter, der mit Korkmotten und anderen Schädlingen kurzen Prozess macht. Die Investition in Raum und Klimamaschine rechnet sich allerdings erst, wenn sich die Zahl der besonders wertvollen Bouteillen das erste Tausend erreicht oder überschritten hat.
Leider auch nicht ganz billig, aber günstiger als ein ganzer Keller, sind Weinklimaschränke von Chambrair oder Eurocave, die von einfachen Modellen für den Abstellraum bis zum Edelmodell für das Wohnzimmer angeboten werden. Sie bieten Platz für bis zu 180 Flaschen, die auf mehreren Temperaturebenen erschütterungsfrei und trinkbereit zwischen 6 und 20 Grad gelagert werden können.
Bestand und Schätze machen jedoch nur Freude, wenn sie auch schnell und ohne grosse Sucherei zugreifbar sind. Das heisst: übersichtlich und mit System gelagert und beschriftet. Die Entscheidung für das Regalsystem orientiert sich an an der Struktur des Weinbestandes: Kisten, Einzelflaschen, Grossflaschen. Wer viele 6er oder 12er-Holzkisten hat, lagert die Weine in diesen Originalgebinden. Dafür empfehlen sich Regale aus Holz oder Stahl, die Zugriff auf einzelne Kisten erlauben, ohne dass die darüberliegenden ständig umgehoben werden müssen. Weil Kartons in hoher Luftfeuchtigkeit schlaff werden, lagert ihr Inhalt besser in Regalen aus Holz oder Kalksandsteinbausteinen, die in beliebiger Breite und Höhe gestapelt werden können.
Nach gängiger Daumenpeilung lassen sich, abhängig von Regalsystem und Raumhöhe, auf einem laufenden Meter etwa 250 Flaschen übersichtlich und zugreifbar stapeln. Für die im Kapitel „Wein lagern“ ermittelten 1000 Flaschen des Musterkellers hiesse das rund vier Meter Wand zuzüglich Tiefe des Regals, Tür und etwas Bewegungsraum – das entspricht einem Raum von z.B. 2 x 2 Metern. Damit keine Flaschen überreif werden und kaputt gehen, ist eine Bestandsführung in einer Kladde oder über ein PC-Weinverwaltungsprogramm unumgänglich. Aussagekräftige Etiketten an den Flaschen erspart diesen, dass sie unnötig bewegt werden und das Depot aufgeschüttelt wird.
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