Vita

Christian Wenger (Jahrgang 47) lebt in der Alta Langa im Piemont, wo er eigenen Wein anbaut und in Hamburg. Er schrieb viele Jahre über Wein für die Financial Times, Stern, Feinschmecker, Alles über Wein u.a. Parallel betrieb er das W+P Büro für Kommunikation, Hamburg, spezialisiert auf ganzheitliche Corporate Identity, Strategien, Konzepte, Projekte für Unternehmen, Medien und Märkte. U. a. für Schweizer Rück, Deutsche Börse, Fraunhofer Gesellschaft. Davor Studium der Germanistik und Soziologie, Redakteur bei DIE ZEIT und ZEITMagazin, Vorstandsassistent und Objektmanager bei Gruner+Jahr, Verlagsleiter und Geschäftsführer bei WIRTSCHAFTSWOCHE, Düssseldorf, MANAGER MAGAZIN und DER SPIEGEL, Hamburg.

Christian Wenger, Studies of Literature and Sociology, is Wine Writer for „Stern”, „Financial Times”, „Süddeutsche Zeitung”,”Der Feinschmecker” and „winedine.de” Member of FIJEV International Federation of Wine and Spirits Writers, Slow Food. Christian lives in Piemonte and Hamburg and loves Nebbiolo and all good sparklings.

WINEDINE

Christian Wenger über Weine, Weinproduzenten, Restaurants & Hotels und Kulinarisches

Marchesi Frescobaldi:
Gekonnte Selbstdarstellung
Ein guter Teil des Weinbaus in der Toskana wird seit mehreren Jahrhunderten von adligen Familien geprägt, die neben Wein auf grossen Flächen auch Getreide, Oliven und andere Produkte anbauen. Allerdings sind nach dem Ende der Mezzadria, der sogenannten Halbpacht in 1962, von den einstigen Grossgrundbesitzern nur wenige übriggeblieben. Sie heissen Antinori, Frescobaldi, Gondi, Mazzei, Ricasoli. Heute haben in der Toskana drei private Weingüter die größten Weinflächen: Antinori unter dem Vorsitz von Albiera Antinori, der ältesten Tochter von Piero Antinori, besitzt 3.000 Hektar Weinberge; Die venezianische Gruppe Zonin unter der Leitung von Pietro Mattioli verfügt über 1700 Hektar und die Frescobaldis unter dem Vorsitz von Lamberto Frescobaldi besitzen 1572 Hektar, fast 100 mehr als im Vorjahr. In der Rangliste der größten Privatgüter verfügt nur ein weiteres Weingut über mehr als tausend Hektar: Banfi bei Montalcino, seit vielen Jahren im Besitz der italo-amerikanischen Familie Mariani, gebietet über 1027 Hektar. Die Hingabe an den Weinbau und die Landwirtschaft im Allgemeinen ist schon seit jeher charakteristisch für die Familie Frescobaldi, die seit dem frühen vierzehnten Jahrhundert in der Toskana Wein herstellt. Zu den Vorfahren der Familie Frescobaldi zählen Literaten, Forscher, Musiker, Bankiers, Bischöfe und Staatsmänner. Das Familienarchiv hütet zahlreiche antike Dokumente, worunter sich Handelsverträge mit vielen europäischen Höfen befinden, die bis auf das XIII. Jahrhundert zurückgehen. Im XV. und XVI. Jahrhundert belieferten sie den englischen Hof mit Wein, sowie viele andere europäische Länder, darunter auch den Vatikan. In der Weintradition werden sie allenfalls noch übertroffen von der Familie Carregia Malabaila in Canale im Piemont, die nachgewiesen seit 1362 Wein anbaut und deren Tochter Lucrezia derzeit das Weingut in der 65. Generation führt.

Heute stellen die Frescobaldis auf folgenden neun Weingütern höchst unterschiedliche Weine her: Castello Pomino (Pomino), Castello Nipozzano (Nipozzano), Tenuta Perano (Gaiole in Chianti), Tenuta Castiglioni (Montespertoli), Tenuta CastelGiocondo (Montalcino), Tenuta Ammiraglia (Magliano in Toscana), Remole (Sieci), Tenuta Calimaia (Montepulciano), und Gorgona (Insel gegenüber Livorno). Alle liegen in unterschiedlichen Zonen der Toskana, die sich für die Erzeugung von Spitzenweinen (DOC, DOCG und IGT) eignen, und die sich in Bezug auf Anbaubedingungen und Geschichte unterscheiden. Hinzu kommen die Weingüter Ornellaia und Masseto in Bolgheri, die Tenuta Luce in Montalcino sowie Attems im Collio (Friaul). Jedes Weingut wird selbstständig geführt und hat ein eigenes Team, das verantwortlich für Weinbau und Keller zeichnet. Ergänzt durch die beiden Ristorante Frescobaldi in Florenz und London. In den vergangenen Tagen hat sich Frescobaldi an einem weiteren Weingut in Oregon in den Vereinigten Staaten beteiligt: Domaine Roy & fils, im Willamette Valley.

Dieses Angebot an schönen und gepflegten Weingütern nutzt Frescobaldi inzwischen geschickt zur Selbstdarstellung und Imagepflege für Weinfreunde, Kunden, Gäste, Geschäftspartner und Journalisten. Eine mehrköpfige Kommunikationsabteilung im Hauptsitz in Sieci bei Pontassieve kümmert sich um die gesamte Hospitality. Auf vorherige Anmeldung können die Weingüter besucht, eine geführte Weintour gemacht und Weine degustiert werden.

Auf einigen Gütern können auch Übernachtungen gebucht werden – so hält die Tenuta CastelCiocondo, im Village Castel Giocondo neuerdings luxuriös-gepflegte Gästezimmer bereit, von denen aus sich die zum Teil immer noch wilde Landschaft im Südwesten von Montalcino und die nahegelegene Tenuta Luce erkunden lassen. Ein Wellnessbereich und eine Weinauswahl runden das Angebot ab. Ein ausgiebiges Frühstück steht in der Foresteria im Nebengebäude für die Gäste der Tenuta bereit, für einen Restaurantbesuch muss man sich allerdings ins wenige Kilometer entfernte Montalcino begeben. Die namengebende Burg Castelgiocondo steht oberhalb der Tenuta Luce, sie wurde um 1100 zur Verteidigung der von der Küste nach Siena führenden Straße errichtet. Die Tenuta di Castelgiocondo war eines der vier Weingüter, auf denen man 1800 erstmals begann, den Brunello di Montalcino zu erzeugen. Das Castello ist auch der Sitz des neugestalteten Projekts Artisti per Frescobaldi. Es knüpft an die lange Tradition des Mäzenatentums der Familie an, die im Laufe der Jahrhunderte viele berühmte Künstler unterstützt hat. Die Sammlung kann nach Vereinbarung über www.artistiperfrescobaldi.it besichtigt werden.


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